Turbo – Eine gute Wahl für MINIs?

Technothek-das Interview

TURBO- eine gute Wahl für MINIs?

Da immer wieder Kunden anfragen, ob es nicht empfehlenswert sei, TURBO-Motoren in MINIs einzusetzen, wurde es Zeit technisch sachliche Aufklärungsarbeit zu leisten. Die anfragenden Kunden erwarten im Prinzip von dem Einsatz eines TURBOs 2 Dinge.

  1. Maximale im MINI mögliche Power unter Verwendung eines MINI(A+)-Motors
  2. Besten Preis-/Leistungsverhältnis bei der Suche nach Leistung
  3. Leider wird hier überwiegend einem Trugschluß aufgesessen.

    1. Die serienmäßige Leistung von ca. 90BHP bei einem METRO TURBO ist durch Gehrauchtaggregate häufig preiswert zu erstehen, ist aber eher ‘billig’ und nicht ‘preiswert’, da die Motoren in Ihrem Vorleben bereits reichlich drangenommen wurden und entsprechend Verschleiß aufweisen. Kein Garant für gute Laufleistung = Haltbarkeit.
    2. Diese 90BHP möchten die meisten ja auch nicht, sondern sie möchten Werte jenseits der 125BHP Marke.
    3. E R G 0:

      zu 1. 90 BHP und mehr lassen sich auf herkömmlichen Saugerwege problemlos und standfest erzielen. Da diese Motoren dann neu aufgebaut werden, halten sie auch. Ein ´billiger’ TURBO, der recht bald kaputt ist, kommt vergleichsweise teuer zu stehen, da u. a. umfangreiche Umbauarbeiten zuvor notwendig geworden waren.

      zu 2. Ein Motor der 125BHP und mehr leisten soll, der muß auch im Kubeltrieb auf diese Leistung vorbereitet werden und ist daher in den Kosten mit einem Rennmotor vergleichbar, der eben auch 125BHP oder mehr leistet.

Warum ist das so?

Wir führten ein Interview mit Phil Hepworth von der Firma RaceSpec. Mr. Hepworth hatte in den Zeiten der METRO TURBO CHALLENGE in seiner Firma HOWLEY RACING die Motoren für ROVER (für das Werk also) gebaut, welche damals einheitlich im TURBO CUP zum Einsatz kamen. Es wäre also sicherlich vermessen, Zweifel an seiner Sachkenntnis über TURBOs zu haben.

 

FRAGE: Zu gewissen Zeiten sind immer wieder TURBO Verwendungen in MINIs sehr populär. Ist das der richtige Weg?

HEPWORTH: Nein, eher nicht.

 

FRAGE: Aber warum nicht? ROVER hat doch auch einen TURBO CUP ausgeschrieben, für den Sie Motoren bauten.

HEPWORTH: Man muß das aus der Zeit betrachten. Damals war TURBO ‘in’.
Jeder hatte einen kleinen Dampfhammer und so ROVER eben auch.
Das war eher ein Marketing-Instrument.

 

FRAGE: Und wie begründet sich das technisch?

HEPWORTH: Der A/A+-Block-ist ein ganz altes Gußdesign, welches für andere Aufgaben geschaffen wurde.
Wenn man einmal mit einem solchen Motor ein Kopfdichtungsproblem hatte, dann kommt das immer wieder! Man plant Block und Kopf und hat beste Hoffnung und 100 Meilen später, das gleiche Problem.

 

FRAGE: Was kann man denn tun, um einen TURBO wenigstens halbwegs sicher zu machen?

HEPWORTH: Finger weg von einstellbaren Dampfrädern! Maximal den Ladedruck auf 0,5 bar justieren und ansonsten die üblichen Modifikationen wie TURBO-Nockenwelle und Kopf etc. verwenden. TURBOs bekommen übrigens im Idealfall eine ganz eigene Kombination von speziell geformten Kolben und dazu passenden Gegenstücken im Brennraum. Etwas konservativ in der Ausreizung der Möglichkeiten bleiben und weniger ist wieder einmal mehr.

 

FRAGE: Wenn das mit der Kopfdichtung ein so großes Problem ist, welche sollte man denn benutzen?

HEPWORTH: Am besten, solange man bei den moderaten Ladedrücken bleibt, verwendet man die alte originale TAM1521, die aber fast nirgends mehr zu finden ist, so daß die jetzige Originale herhalten muß. Wer mit dem Dampfrad spielen möchte, der muß andere Wege gehen, die wir seinerzeit auch gingen, die aber heute angesichts der angebotenen Dichtungsqualitäten ein Problem sein können. Der Block, geht übrigens nur bis +040 Übermaß, erhält oben einen Absatz von 77,72 mm Durchmesser und 0,79 mm Tiefe und einem 45° Winkel am Ende. Die Dichtung C-STR1057 hat unter dem Feuersteg einen zusätzlich eingearbeiteten Draht, der dort hineingefaßt ist.
Aber trotzdem, eben nichts sicheres und nicht unbedingt empfohlen.

 

FRAGE: Und was wäre also das Fazit daraus?

HEPWORTH: Wie ich eingangs sagte, entweder gar nicht erst anfangen oder aber man sollte zumindest sich des Risikos von viel Arbeit und viel unnützer Geldausgabe bewußt sein.
Hinzu kommt ja noch ein Aspekt, der bisher gar nicht beleuchtet wurde, und den ich nur kurz anreißen möchte:
Es ist ja nicht mit den o. g. Problemen und den daraus folgenden Ausgaben getan.
Bei den Gruppe A TURBOs erzielten wir Leistungen jenseits 200 BHP und 180 lbs Drehmoment und DA ist das Problem! Nicht die PS-Zahl ist entscheidend sondern das irrsinnige Drehmoment! Historische Renn-MINIs nach Anhang K haben vielleicht 99-100 lbs Drehmoment. Dieses Drehmoment muß aber der schwächste Teil der MINI-Kraftübertragung aushalten, der Primärtrieb.
Außerdem stellt ein TURBO extreme Anforderungen an das Öl und die Service-Intervalle. Solch ein Gruppe A TURBO-Motor war für 1 (!) Veranstaltung jeweils drin. Also reden wir inklusive Training über weniger als 90 Meilen (144 km). Selbst bei moderatem Tuning, wollen die Kunden alle 2000 km ihren Motor aufmachen?
Und dann noch eines: Billig ist so etwas wirklich nicht zu haben, denn wer eine solche Leistung baut, der muß auch ein entsprechendes Fahrwerk und Bremsen haben.
Also, nochmals kurz gesagt, ist das einfach zuviel potentielles Risiko und eine hohe Geldausgabe, die nicht nötig ist.
Ein MINI-Motor für den Spaß läßt sich konventionell mit herkömmlichen Mitteln prima bauen. Und wer dann unbedingt 150 BHP auf der Straße fahren will, der hat vielleicht ganz einfach das falsche Auto dafür ausgesucht.